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Ostern – Fest des neuen Lebens

 „So wie im Ei Leben schlummert, ziehen sich Eingeweihte in alten Heilritualen zum ‚Brüten’ in eine dunkle Höhle oder einen finsteren Bau zurück, bis ein heilsamer Traum sie wie neugeboren wieder in die Außenwelt treten lässt, ganz so wie ein Küken aus dem Ei krabbelt.[1]
Das Ei gehört zu vielen alten Schöpfungsmythen, es steht für das neue Leben, das sich immer wieder erneuert. So heißt es in einem Buch über Symbole, in dem das Ei als Schöpfungsbild für das Leben beschrieben wird, das sich immer wieder erneuert.
Aber auch die dunkle Höhle, das Zurückziehen von der Welt und damit die völlige Stille gehört zu den wichtigen archetypischen Bildern der Menschheit.
Schon als Kind haben mich die Tage von Gründonnerstag bis zum Ostersonntag in ihren Bann gezogen. Ich erinnere mich an den Karfreitag mit seiner fast bleischweren Stille, an  Karsamstag mit dem Bild der Grabeshöhle, vor der ein riesiger Stein liegt. In späteren Jahren kam dann das Hören der Matthäus-Passion von J.S.Bach dazu, bei der man sich am Ende mit den Sängern „mit Tränen niedersetzen“ möchte, weil der Tod scheinbar gesiegt hat.
Und ich erinnere mich an die vielen Ostersonntage meiner Kindheit und Jugend, mit den immer gleichen Ritualen. Wenn man Glück hatte, ging während des frühmorgendlichen Ostergottesdienstes die Sonne auf und zusammen mit herrlicher Musik glaubt man fast selbst bei der Auferstehung dabei gewesen zu sein. Das Osterfrühstück, das Ostereier suchen und der unumgängliche gemeinsame Osterspaziergang kamen dazu. So wird mir das Fest wohl immer in Erinnerung bleiben.

Durch meine Beschäftigung mit Mythologie und mit den Erkenntnissen C.G. Jungs haben all die Ostersymbole eine neue und tiefere Bedeutung gewonnen. Die Palmzweige und Ostereier, die grünende Natur, der Osterhase, die Osterkerze, das Osterfeuer, das Osterfrühstück und die vielen damit verbundenen Osterbräuche sind in ihrer symbolischen Bedeutung tief in unserem kollektiven Unbewussten verankert. Sie erinnern uns an das wiederkehrende Leben, auch wenn es uns scheinbar wie tot erscheint. Und sie verleihen uns ihre Energie, wenn wir uns auf sie einlassen.
Gerade in dieser Zeit, in der wir von so viel Leid und Gewalt umgeben sind, in der es manchmal scheint, als würde die Welt aus den Fugen geraten, brauchen wir dieses Osterfest der Auferstehung des Lebens und des Göttlichen in uns besonders.
Wir brauchen die Hoffnung darauf, dass sich das Leben und die Kraft der Liebe durchsetzen werden – gegen alle Widerstände. Und wir brauchen das Vertrauen, dass es immer wieder Licht gibt, auch wenn wir zeitweise das Gefühl haben, in einer finsteren Höhle zu sitzen.

Wir brauchen die Energie des „Halleluja“ aus Händels Messias und die Botschaft von der Auferstehung!

In diesem Sinne wünsche ich Euch/Ihnen von Herzen ein Fest des neuen Lebens, der Auferstehung, der Freude und der Hoffnung!

Eure/Ihre Anna E.Röcker

[1] Das Buch der Symbole, Taschen Verlag 2011